Klimaanpassung für Brutvögel auf Sylt
Ein Großteil der Seevögel weltweit ist bedroht. Zu den größten Gefahren zählen der Klimawandel, Prädatoren (Fuchs, Marderhund, Ratten), der Verlust von Brutgebieten und Störungen durch Menschen. Auch hier auf Sylt brüten mehrere Strandbrüterarten, jedoch aufgrund der starken Nutzung der Strände nur noch an wenigen Küstenabschnitten. So lassen sich hier mit Glück Sand- und Seeregenpfeifer, aber auch Küstenseeschwalben und Zwergseeschwalben beobachten.
Um ruhige Brutplätze am Strand zu schaffen, wurden vor drei Jahren erstmals Strandinseln durch die Sylter Naturschutzverbände eingerichtet. Geschützte Bereiche am Strand für Pflanzen, Insekten und Strandbrüter. An stark frequentierten Brutplätzen werden die Strandinseln zusätzlich durch Elektrozäune vor Bodenraubsäugern wie Füchsen und Marderhunden geschützt. Unterstützt wird das Projekt durch die Nationalparkstiftung, die Bingo!-Umweltlotterie und die Ernst-Commentz-Stiftung. Dadurch konnte in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der erfolgreichen Bruten und flügge gewordenen Küken der Strandbrüter auf Sylt verzeichnet werden. In diesem Jahr wurden in der Brutinsel am Ellenbogen Rekordzahlen von beinahe 100 Paaren brütender Zwergseeschwalben gezählt. Im gesamten deutschen Nordseeraum brüten nur noch etwa 650 Paare dieser Art, sodass der geschützte Strandabschnitt am Ellenbogen eine große Bedeutung für den Bruterfolg der deutsch-dänischen Zwergseeschwalben hat.
Während der Schutz vor Prädatoren mittlerweile sehr erfolgreich umsetzbar ist, stellen Extremwetterereignisse weiterhin eine große Gefahr für die Vögel dar, die ihre Nester in kleinen Sandmulden auf Außensänden und flachen Strandabschnitten anlegen. In dieser Brutsaison kam es zu mehreren starken Stürmen verbunden mit hohen Wasserständen. Deutlich höher und auch früher im Jahr. So wurden die Vögel von der Flut überrascht, bevor die Küken schlüpfen konnten. Strandbrüter sind an diese Situation angepasst und können erneut brüten, wenn sie ihr Gelege schon früh im Sommer verlieren. Angesichts der großen Zahl an Sommersturmfluten in diesem Jahr deutete sich jedoch einen Totalverlust an.
In Austausch mit dem Landesamt für Umweltschutz, einem Zwergseeschwalben-Projekt der Universität Aarhus in Dänemark und verschiedenen Expert*innen in Schleswig-Holstein wurde ein Schutzkonzept für Brutvögel während Sturmfluten erarbeitet. Um die Gelege der Strandbrüter vor dem Wasser zu schützen werden in Dänemark seit einigen Jahren erfolgreich sandgefüllte Kisten eingesetzt. Diese ermöglichen es den Altvögeln ihre Eier während der Flut im trockenen Sand der Kisten weiter zu bebrüten und ihre Küken zu füttern. Da in diesem Jahr eine so große Zahl Zwergseeschwalben am Ellenbogen gebrütet hat, war es mit diesem kleinen Eingriff möglich, einige Gelege zu retten. Bei der Sturmflut wurde beinahe die gesamte Fläche der Brutinsel überflutet, sodass fast nur die Gelege in den Hochwasserkisten das Wasser überstanden haben. Möglich war die Aktion nur durch den gemeinsamen Einsatz der Naturschutzverbände und Listland-Eigentümer vor Ort.
Nach den letzten stürmischen Tagen wurden bei der Kartierung der Strandbrüter in vielen Gelegen erste kleine Küken entdeckt, die sicher in den Hochwasserkisten geschlüpft sind. Ein großer Erfolg für das Projekt. Da in diesem Jahr erstmals viele der Küken in der Brutinsel am Ellenbogen mit Farbringen markiert wurden, kann in den nächsten Jahren verfolgt werden, wie viele der Jungtiere in das Brutgebiet auf Sylt zurückkehren.
Durch die Klimaerwärmung und den Meeresspiegelanstieg werden Sturmfluten im Sommer immer wahrscheinlicher und stärker. Damit gewinnen geschützte Bereiche für Strandbrüter wie etwa die Strandinseln auf Sylt und ähnliche Projekte in St. Peter-Ording und auf Rømø eine immer größere Bedeutung für den Erhalt dieser seltenen Arten.