Klimaanpassung für Zwergseeschwalben

8.5.2025 Naturschutzbotschafterin Charlie Esser

Es ist Frühsommer und neben den Zugvögeln sind die ersten Brutvögel auf Sylt eingetroffen. Nicht nur in den Hecken und Wiesen zwitschert und ruft es, einige Vögel brüten auch am Strand. Perfekt getarnt legt beispielsweise der Sandregenpfeifer vier kleine, gesprenkelte Eier in eine Mulde im Sand. Die Tarnung wird im leider zum Verhängnis, wenn unbedachte Besucher oder unangeleinte Hunde am Strand unterwegs sind. Aus diesem Grund bauen wir auf Sylt seit fünf Jahren Strandinseln zum Schutz der Brutvögel. So sind die brütenden Altvögel und Küken geschützt vor Störungen.

Nicht nur wir Menschen sind am Strand unterwegs. Durch die Verbindung zum Festland konnte sich        in den letzten Jahrzehnten eine große Fuchspopulation auf Sylt etablieren. Um die seltenen Strandbrüter vor den Nesträubern zu schützen werden besonders wichtige Brutgebiete am Ellenbogen und an der Hörnumer Odde mittlerweile zusätzlich mit einem Elektrozaun geschützt. Solche Maßnahmen sind notwendig, da geschützte Brutgebiete durch touristische Nutzung, Bebauung und Überflutungen immer weniger werden. Es gilt, die Gebiete die es auf Sylt noch gibt, auf jeden Fall zu schützen – und das mit großem Erfolg. Innerhalb der Strandinsel am Ellenbogen versammeln sich jedes Jahr mehr Zwergseeschwalben zum Brüten. Im Letzten Jahr waren es sechzig Brutpaare. Die Zwergseeschwalbe gilt in Schleswig-Holstein als vom Aussterben bedroht, nur noch etwas über 300 Paare brüten in Schleswig-Holstein. Die Kolonie am Ellenbogen ist also von elementarer Bedeutung für den Brutbestand.

Die Gefahren für Strandbrüter sind leider vielfältig. Neben direktem menschlichen Einfluss macht sich gerade eine weitaus größere Bedrohung bemerkbar. Die Klimaerwärmung. Es ist absehbar, dass durch den Meeressspiegelanstieg in den kommenden Jahrzehnten viele Brutgebiete an den flachen Stränden, auf Außensänden und Halligen verloren gehen. Letzten Sommer konnten wir auf Sylt schon einen kleinen Vorgeschmack bekommen. Mehrere Stürme im Sommer sorgten für sogenannte ‚Kükenfluten‘. Hohe Wasserstände überspülten die Schutzzone am Strand und zerstörte Gelege. Naturschützer*innen und Freiwillige waren fast wöchentlich im Einsatz um Gelege vor dem steigenden Wasser zu retten. Beispielsweise mit sandgefüllten Kisten als Rettungsinseln für Eier und Küken am überfluteten Strand.

Eins ist klar: Wir brauchen in Zukunft eine Klimaanpassung für Seeschwalben und Regenpfeifer. Einen Weg, wie die seltenen Vögel weiterhin bei uns auf Sylt brüten können ohne, dass wir so stark eingreifen müssen wie im vergangene Sommer. Bei der Suche nach einer Lösung sind wir über ein Projekt aus England gestolpert. Hier werden Seeschwalben an sicherere Brutstandorte umgesiedelt. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Im Frühjahr bevor die Vögel aus ihrem Winterquartier in Afrika zurückkehren werden in den hochwassersicheren Schutzzonen Lockvögel ausgesetzt. Kleine Attrappen, die den Seeschwalben zum Verwechseln ähnlichsehen. Lautsprecher spielen im Hintergrund die Geräusche einer Kolonie von Seeschwalben ab. So sieht es für die ankommenden Vögel aus, als würden ihre Artgenossen bereits brüten. Als Koloniebrüter ist es sehr wahrscheinlich, dass sie sich ihnen anschließen.

In diesem Frühjahr ging es also auch auf Sylt los. Gemeinsam mit Sylter Schüler*innen haben wir Lockvögel bemalt und an den Strand gesetzt. In den letzten Wochen konnten wir beobachten, wie die Seeschwalben vermehrt über den Lockvögeln kreisen und sich als Brautgeschenke kleine Heringe übergeben. Jetzt heißt es hoffen, dass sie auch an den hochgelegenen Standorten brüten.

Wenn Sie Interesse haben, die Brutkolonie am Ellenbogen zu besuchen, melden Sie sich gerne bei Charlie Esser (botschaft@naturschutz-sylt.de), die das Projekt im Namen der Sylter Naturschutzverbände betreut.