Naturschutzbotschafterin der Insel Sylt

Was macht eigentlich eine Naturschutzbotschafterin?

11.07.2025 / Charlie Esser

Sylt – das ist nicht nur Strand und Meer, sondern auch ein Hotspot für Artenvielfalt. Über 50% der Fläche Sylts stehen unter Naturschutz. Die Insel vereint eine so große Vielfalt verschiedener Lebensräume wie kaum ein Ort an der Nordsee. Von den Wattflächen über die Salzwiesen, von Heide bis Strand, von den kleinen Wäldern der Vogelkojen bis zu den Wanderdünen im Norden der Insel. Das macht die Sylter Natur so artenreich und einzigartig. Genauso vielfältig ist die Landschaft der Naturschutzverbände auf Sylt. Die Schutzstation Wattenmeer, der Verein Jordsand, die Sölring Foriining, die Naturschutzgemeinschaft Sylt und der NABU.

In der Natur ist alles verbunden. Es gibt eine stetige Wanderung von Tieren und Austausch von Pflanzen zwischen den verschiedenen Naturschutzgebieten. Seit 2021 arbeiten die Verbände eng zusammen um gemeinsame Artenschutzprojekte auf der ganzen Insel anzustoßen. Die Projekte werden durch die Stelle der Naturschutzbotschafterin betreut. Seit März 2023 bin ich (Charlie Esser) als Naturschutzbotschafterin auf Sylt tätig. Dabei geht es nicht nur um die direkte Betreuung der Projekte, sondern auch darum Menschen mitzunehmen in die Natur. Sei es auf Führungen oder bei Mitmach-Aktionen.

Naturschutz funktioniert nur durch Zusammenarbeit. Ein Beispiel für Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Gemeinden und  Tourismus sind die Sylter Strandinseln: In Hörnum, Wenningstedt, Kampen und List werden Strandbereiche von Frühling bis Herbst mit Pflöcken eingegrenzt. Hier sollen seltene Strandpflanzen wie Stranddistel und Meerkohl, geschützt vor Vertritt, wieder an die Strände zurückkehren. Ein positiver Nebeneffekt – die blühenden Pflanzen am Strand ziehen nicht nur Insekten an, sondern sammeln auch Sand. So sind in den vier Jahren in denen die Schutzzonen bestehen, kleine Vordünen am Strand gewachsen, ein natürlicher Küstenschutz. Auch Zwergseeschwalbe, Sandregenpfeifer und Co brüten in den Strandinseln und ziehen ihre Jungen groß.

Um solche Projekte zu planen müssen wir zunächst herausfinden, welche seltenen Arten auf Sylt vorkommen und wo sie zu finden sind. Auch hier bedarf es viel Unterstützung. Beispielsweise von den Mitgliedern der Aktivgruppe, die bei der Zählung der seltenen Stranddistel am Ellenbogen mitgeholfen haben und dabei einen einzigartigen Dünenbereich erleben durften. Noch einfacher funktioniert es über Citizen Science – auf deutsch Bürger*innen-Wissenschaft. Hier kann jede*r mithelfen. Aktuell sammeln wir Beobachtungen von Amphibien und Reptilien in den Dünen. Wer aufmerksam durch die Natur spaziert kann so Einiges entdecken.  Über kleine Infotafeln mit QR-Codes in den Naturschutzgebieten können diese Beobachtungen einfach an uns gesendet werden. So konnte in diesem Jahr zum Beispiel ein Jungtier der auf Sylt vom Aussterben bedrohten Zauneidechse entdeckt und anhand des Fotos einwandfrei bestimmt werden. Im letzten Jahr wurde über das Projekt erstmals eine Kreuzotter auf der Insel nachgewiesen.

Auch aktiver Naturschutz funktioniert am besten, wenn Alle mit anpacken. Beim Entkusseln werden invasive und gebietsfremde Pflanzenarten aus der Heide und den Dünentälern entfernt. Von den Naturschutzverbänden und mir werden ab Herbst regelmäßig Entkusselungs-Aktionen angeboten. Dabei ist jede*r willkommen. Gäste und Einheimische, Familien, Senior*innen und Schulklassen. Denn es gibt viel zu tun. Kanadische Cranberry, Amerikanische Traubenkirsche und Sibirische Rosa rugosa breiten sich in den Dünen aus und verdrängen heimische Arten. Wenn viele Hände mithelfen lässt sich ein Dünenbereich schnell entkusseln und das Erfolgserlebnis ist groß.

Durch die insulare Zusammenarbeit können wir den Blick jetzt auch über Sylts Küsten hinaus auf die umliegende Nordsee richten.  Vor dem Weststrand beginnt ein Schutzgebiet für Schweinswale. Trotz internationalem Schutzstatus darf in dem Gebiet nach wie vor Stellnetzfischerei betrieben werden, wurden Offshore-Windparks gebaut und findet eine intensive Nutzung statt. Um darauf aufmerksam zu machen, haben wir mit acht Naturschutzverbänden aus Schleswig-Holstein ein Paper verfasst, was wir in diese Frühjahr der Landesregierung überreicht haben. So wollen wir auf das Thema aufmerksam machen und einen effektiveren Meeresschutz erreichen.

Naturschutz beginnt oft mit einem Perspektivwechsel – und manchmal einfach mit einem Spaziergang. Wir laden alle herzlich ein, mit offenen Augen durch die Sylter Natur zu gehen, sich einzubringen oder mit uns ins Gespräch zu kommen. Denn jede Beobachtung, jede helfende Hand und jedes Gespräch zählt. Gemeinsam können wir die Vielfalt dieser einzigartigen Insel erhalten – an Land wie im Meer. Kleine Einblicke in das Projekt finden Sie auf Instagram unter naturschutzbotschaft_sylt .